Ein Stalking-Opfer erzählt: Misshandelt, verfolgt und bedroht

dokumentiert:

Drei Jahre wird Franco B. wurde von der eigenen Ehefrau misshandelt. Die Polizei nimmt die Attacken nicht ernst. B. fühlt sich hilflos. Denn nach der Trennung werden die Attacken schlimmer.

Hinter Franco B. liegen die schlimmsten Jahre seines Lebens: Die eigene Frau – Manuela B. – misshandelte ihn während der Ehe. Und auch nach der Trennung ließ sie nicht von ihm ab. Sie verfolgte und bedrohte ihn, lauerte ihm auf und versuchte sogar, ihn mit dem Auto zu überfahren. Franco B. versteht bis heute nicht, wie es so weit kommen konnte. Denn ihre Beziehung hatte 2004 ganz harmonisch angefangen.

Manuela B. verändert sich

„Meine Frau war damals, als ich sie kennen gelernt habe, sehr charmant, sehr liebenswürdig, intelligent, eloquent – also rundherum eine ganz tolle Frau“, erinnert sich Franco B. Der EDV-Fachmann und die gelernte Krankenschwester verbringen eine glückliche Zeit miteinander. Sie heiraten nach zwei Jahren Beziehung und ziehen ins niedersächsische Peine. Doch ein Jahr nach der Hochzeit verändert sich Manuela B.: Sie zettelt häufig Streit an – und wird gewalttätig.

„Beim ersten Mal hatte ich das Fenster geöffnet“, erinnert sich Franco B. „Das hat ihr nicht gefallen und sie schlug dann von hinten mit einer Kaffeetasse auf meinen Kopf ein.“ Weitere Streitereien folgen, sie dauern manchmal tagelang und rauben Franco B. die Energie. Wenn er flüchten will, sperrt Manuela B. ihn ein, geht auf ihn los, kratzt und beißt ihn.

„Die schlimmste Situation mit ihr war, als ich einmal morgens aufgestanden bin und mir in der Küche einen Kaffee machen wollte“, erinnert sich Franco B. „Ich stand an der Spüle und nahm von hinten aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung wahr, drehte mich so ein bisschen zur Seite und hatte plötzlich ein großes Küchenmesser in der Schulter stecken.“ Zum Arzt geht Franco B. nicht – zu groß ist seine Angst, dass ihm als Mann niemand glaubt.

Polizei glaubt Franco B. nicht

Eine Angst, die berechtigt ist, wie sich später herausstellt: Einmal muss ihn seine Schwester nachts bei der Polizei abholen. Dorthin war er geflüchtet, nachdem seine Frau ihn mal wieder malträtiert hat. Doch die Beamten nehmen die Attacken nicht ernst. „Er wurde erst mal ausgelacht, so nach dem Motto: ‚Wird ja nicht so schlimm sein. Es waren ja nur kleine Ehestreitigkeiten. Stellen Sie sich mal nicht so an'“, erklärt Franco B.s Schwester Sabrina die Situation von damals.

Nach drei Jahren trennt sich Franco B. schließlich von seiner Frau, die ihm von da an das Leben zur Hölle macht: „Sobald ich in meiner Wohnung war, begann schon das komplette Stalking-Programm mit teilweise 200 oder 300 Anrufen pro Tag“, sagt Franco B. Außerdem lauert ihm seine Ex-Frau ständig auf und geht immer wieder auf ihn los. Drei Mal rast sie sogar mit dem Auto auf ihn zu. „Ich habe die wildesten Verfolgungsjagden erlebt“, erinnert sich Schwester Susanne B., die Zeugin solcher Attacken wird. „In den Momenten hat man schon gedacht, gleich knallt es.“

Damit man ihm endlich glaubt, filmt Franco B. die Angriffe. Er zeigt seine Frau mehrfach an – mit Erfolg. Vor dem Landgericht Hildesheim muss sich Manuela B. im Frühjahr verantworten. Die Anklageliste gegen sie ist lang, fast 50 Straftaten werden ihr vorgeworfen. Darunter: Nötigung, Nachstellung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und versuchte gefährliche Körperverletzung. Franco B.s Videoaufnahmen der Angriffe sind wichtige Beweismittel im Prozess.

Franco B. ist nicht das erste Opfer

Und ein Zeuge belastet Manuela B. schwer: Es ist ihr Ex-Mann Stephan G. Sieben Jahre waren die beiden verheiratet – und sie hat ihn ähnlich behandelt wie Franco B. Sie misshandelte Stephan G., biss ihn und verfolgte ihn. „Ich war in der Zeit bereit, mich umzubringen“, erzählt Stephan G. „Das habe ich ihr auch gesagt, und da meinte sie nur: ‚Ja mach doch, häng Dich doch auf.‘ Und dann hat sie mir die Hundeleine hingeschmissen.“

Im Verfahren diagnostiziert ein Gutachter bei Manuela B. eine schwere narzisstische Fehlentwicklung und dissoziale Persönlichkeit. Sie sei „brandgefährlich“, heißt es. Deshalb gilt sie zwar als schuldunfähig, das Landgericht Hildesheim ließ die Frau aber in eine Psychiatrie einweisen. Dort soll sie so lange bleiben, bis Gutachter bescheinigen, dass von ihr keine Gefahr mehr ausgeht – voraussichtlich wird das mindestens fünf Jahre dauern.

sternTV | Sendung vom 30. Mai 2012, 22:15 Uhr
Quelle: http://www.stern.de/tv/sterntv/ein-stalking-opfer-erzaehlt-misshandelt-verfolgt-und-bedroht-1827498.html